Unsere grobe Planung hieß 'in kleinen Schlägen südwärts' und 'Urlaub vom Urlaub'. Tatsächlich war die Rückfahrt bisher nicht die pure Entspannung. Der gute Tipp "Die Rücktour ist auch Urlaub' bewahrheitete sich für uns nur zur Hälfte. Zwar hatten wir frei, lebten auf unserem Boot und kein Wecker klingelte, aber dennoch war da die Notwendigkeit voranzukommen und termingerecht zuhause zu sein. Daran änderte auch das große Zeitfenster nichts, denn entsprechend dessen hatten wir uns ja auch weit entfernt. Naja, das war Gejammer auf hohem Niveau. Wir genossen die Zeit. Trotzdem war es schon fatal: Gefühlt wollten wir immer dorthin, wo der Wind herkam, jetzt südwärts. Für die kommenden Tage (und Wochen, soweit man den Vorhersagen so lange vertrauen darf) waren ausschließlich südliche Winde angesagt, größtenteils mehr als uns das lieb ist. Aber was soll's. Zunächst wollten wir weiter nach Middelfart, allerdings nicht in den Stadthafen, sondern in die Marina südlich der Halbinsel. Ein kleiner Schlag, wegen der genannten Widrigkeiten, aber eine kleine Erleichterung bezüglich des Vorankommens.
Middelfart
Die Fahrt westwärts zur Einfahrt in das 'Geschlängel' bei Fredericia war mit Halbwind ruppig genug, um die Genua eingerollt zu lassen. Bei Strib nahmen wir auch das Groß runter und ließen uns auf den kurzen Stücken südwärts vom Diesel unterstützen. Wo es möglich war, nahmen wir das Vorsegel als Antrieb. Weil wir erst gegen 14:00 Uhr gestartet waren, wurde es Abend, bis wir im Hafen alles fertig hatten, um zu relaxen. Es gab eine von hundert Varianten von Nudeln mit roter Soße, und wir blieben am Abend in der etwas vom Ort abgelegenen Marina. Wir hatten einen der letzten Liegeplätze ergattert, entsprechend viele Boote tuckerten suchend nach uns zwischen den Stegen umher. Am kommenden Wochenende sollte eine Regattaveranstaltung mit H-Booten und OK-Jollen stattfinden, außerdem eine Wettfahrt von Dickschiffen 'rund Brandsö'. Der Skipper fühlte sich an den Wettfahrtausschuss unseres Vereins, des TSV Schilksee, erinnert. Er würde alsbald nach der Rückkehr eine Sitzung vorbereiten, um die kommende Regattasaison zu besprechen. Die Aktivisten hier in Middelfart erinnerten ihn an seine eigene Tätigkeit. Am Veranstaltungswochenende ist man quasi rund um die Uhr im Einsatz....
Tags drauf unternahmen wir einen Spaziergang in die Stadt. Es ging nur um die Ergänzung der Vorräte. Am Nachmittag begannen wir mit den Vorbereitungen für den nächsten Schlag, den wir am frühen Morgen angehen wollten. Der Skipper bereitete ein 'Sonntagsgulasch', obwohl es nicht Sonntag war. Die Rezeptur enthält jedoch die Sammlung der Reste der Woche, daher der Name. Alles kommt in einen Topf, wird erhitzt und mit Nudeln ergänzt - super Sache!
Assens
Der Schlag nach Assens zeigte, wie glücklich ein Tag verlaufen kann - gewissenhafte Planung als Grundlage vorausgesetzt. Um 7:00 Uhr klingelte der Wecker (zum dritten Mal in diesem Urlaub), um 8:00 Uhr warfen wir die Leinen los. Nach kurzer Motorfahrt setzten wir die Segel und haben eine gepflegte Kreuz nach Assens in den kleinen Belt gepflügt. Angekommen machten wir in aller Ruhe Klarschiff, Hafengeld und Kuchenbudenaufbau, dann begann es pünktlich zu gewittern und es schüttete wie aus Eimern.
Wir saßen entspannt in unserem lieb gewonnenen Cockpitzelt und genossen das Schauspiel - bis hin zum Regenbogen, als das Gewitter sich verzog.
Ein paar Tage verweilten wir in Assens. Der Hafen genießt einen eher durchschnittlichen Ruf. Allerdings arbeitet man dort ehrgeizig daran, die Mängel zu beseitigen. Für den recht langen Weg in den Ort hat man zum Beispiel kostenfreie Leihräder zurVerfügung gestellt - klasse! Die Werft auf der gegenüberliegenden Seite des Sportboothafens bleibt allerdings ein Störfaktor. Dort wird frühmorgens mit der Arbeit begonnen und teils bis spät in die Nacht äußerst vernehmlich (störend) gearbeitet.
An einem Tag bekamen wir Besuch von einem langfahrterfahrenen Seglerpaar, die im vergangenen Winter mit ihrer Regattayacht die Biskaya überquert haben. Wir saßen ein bisschen zusammen und haben uns ausgetauscht. Für uns gab es unter anderem Tipps für die Materialauswahl für ein neues Vorsegel, das wir im Winter anschaffen wollen, um künftig besser mit starken Winden umgehen zu können.
Die südlichen Winde hielten an. Als die Windgeschwindigkeit etwas sank, ergriffen wir die Gelegenheit und liefen aus. Mehrere Ziele hatten wir auf dem Plan - erst auf See wollten wir entscheiden, welcher Kurs am besten zu segeln sei. Dabei fiel unsere Wahl auf den Südwestkurs in Richtung Alsfjord und das Ziel Höruphav. Aerö als Alternative ließen wir daher aus. Die Fahrt verlief recht einfach, aber lang. Im Sund motorten wir, vor der Klappbrücke in Sonderburg mussten wir eine knappe Stunde warten. Von Sonderburg nach Höruphav gab's dann nochmal tüchtig Wind, so dass wir am Ende gut erschöpft aber zufrieden ankamen.
Höruphav
Den Hafen in Höruphav kennen wir gut. Das machte den Aufenthalt einfach, weil wir nichts erforschen mussten. Allerdings erzeugten die Umstände Unruhe in uns. Schon am ersten Tag unseres Besuchs drehte der Südostwind auf. Wir hatten das kommen sehen und einen sehr guten Liegeplatz mit dem Bug genau in diese Richtung eingenommen. Allerdings erzeugten die Vorhersagen weiterhin Anspannung. Der stramme Südost sollte anhalten, was für uns hinsichtlich der weiteren Heimfahrt sehr unglücklich war, aber auch die Zeit am Steg wurde getrübt durch das permanente Geheule und Gepfeife. Wir versuchten es auszublenden, auch unter Zuhilfenahme der letzten geistigen Schlucke aus der Giftkiste, aber das gelang nur mittelmäßig. Es war warm und sonnig und trotz allem genossen wir die Zeit.
Ein echtes Highlight, wie eine Krönung unserer langen Reise, war die Mondfinsternis am Sonntagabend. Aus dem Vereinsheim hatten wir perfekten Blick auf das Schauspiel, als der Mond aus dem Erdschatten auftauchte.