14.8.2020 - Tag 0
Fast schon routinemäßig beginnen wir unseren dritten Ergänzungsurlaub. Wir brauchen keine Sachen mehr packen, keine Planungen machen. Einfach den heimschen Kühlschrankinhalt in die Kühlbox und los.
Die sommerliche Ostwetterlage ist noch stabil, das Ende zeichnet sich ab für die Nacht von Montag auf Dienstag, wenn der Wind nach West kippen und eine Regenfront über die Küste ziehen soll. Aber heute ist ja erst Freitag, und wir nutzen die Nachmittagsstunden für unseren 'Fluchtschlag' - nach Damp.
Dort ist die Hölle los. Die gesamte Menschheit ist freigelassen und stürmt den kleinen Badeort. Erstaunlicherweise bekommen wir einen Liegeplatz am gewohnten Steg. Es ist sehr unruhig, was in einem rücksichtsfreien bescheidenen Schlagerkonzert von einem Boot am gegenüberliegenden Steg seine Spitze findet. Entnervt 'bestraft' der Skipper den Störenfried mit der superhellen Taschenlampe und minder freundlichen Worten. Dann ist nur noch der normale Pegel zu ertragen, immer noch laut, aber auszuhalten. Klar wird jedoch: So sehr wir Damp schätzen, dieses Wochenende werden wir hier nicht bleiben!
15.8.2020 - Tag 1
Wir verbringen den Vormittag gemütlich, frühstücken und überlegen, was mit der Ergänzungs-Urlaubszeit anzufangen ist. Das Ergebnis lautet: Mit dem schwachen Ostwind an der Küste Richtung Norden und schauen, wie's läuft. In Schleimünde waren wir kurioserweise noch nie - das wäre die erste Möglichkeit - für den Fall, dass es eben nicht so läuft. Alles Weitere wollen wir unterwegs entscheiden.
Die Bordfrau legt gekonnt ab und als vor dem Hafen die Segel gesetzt sind, geht sie hoch an den Wind. Der Skipper, der inzwischen das 'Segeln lassen' schätzen gelernt hat, macht noch ein Nickerchen auf der Leeducht. Als er aufwacht hört er Worte wie 'hochgeschnibbelt', 'Hanse zersegelt', 'in Lee überholt' und freut sich. Es läuft also erheblich besser als befürchtet und wir lassen Schleimünde im wahrsten Wortsinn links liegen. Der abnehmende Wind und der Kurs verändern sich ein bisschen, bis zum halben Wind, und auf der Flensburger Förde schläft der Wind ganz ein. Auf der spiegelglatten See, die wir einige Wochen vorher noch als ziemlich garstig in Erinnerung haben, motoren wir in einen der liebsten dänischen Häfen, nach Hørup. Als wir an der Landspitze vorbei in die Bucht biegen, sehen wir eine unfassbare Zahl von Ankerliegern - die Bordfrau hört bei hundert auf zu zählen. Eigentlich hatte der Skipper beschlossen, die Fotografiererei in diesem Ergänzungsurlaub zurückzustellen, aber dieses Bild will dann doch festgehalten werden. Kurz vor dem Hafen begegnen uns einmal mehr zwei Schweinswale. Sie sind auf der platten See gut zu sehen und das Treffen freut uns sehr.
Wir tuckern in den Hafen und machen längsseits fest am Kopf eines Steges, ziemlich genau da, wo wir uns das gewünscht haben. Sofort überfällt uns wieder die freundliche Aura unseres dänischen Nachbarlandes. Ein drei Plätze weiter liegender Motorbootfahrer begrüßt uns, hilft beim Festmachen und bietet uns einen zusätzlichen Fender an. Man geht hier anders miteinander um, denken wir und erinnern uns an den Egomanen, der uns am Abend zuvor mit kulturlosem Geräuschbrei bestrahlt hat.
Es ist kurz vor Sonnenuntergang, als wir endlich das vorausschauenderweise eingekaufte Abendessen zu uns nehmen. Improvisierter Insalata Caprese und Frikadellen mit Senf. Ein gekühlter Frankenwein erzeugt gut Müdigkeit, aber ein letzter Spaziergang an die Außenmole muss noch sein. Die Ankerlaternen der Boote in der Bucht erzeugen eine fast unwirklich anmutende Lichterkette unter dem Sternenhimmel.
16.8.2020 - Tag 2
Bereits seit Abreise aus Kiel hat der Skipper Kontakt mit einer befreundeten Crew, die offensichtlich bereits früher mit ihrer Yacht nach Dänemark aufgebrochen war und mit der seit Ewigkeiten ein Treffen in Aussicht steht. Ein halbes Duzend Textnachrichten auf dem Mobiltelefon später scheint der Plan konkrete Züge anzunehmen. Obwohl wir nicht besonders kooperativ auf deren Pläne eingegangen sind. Zu kurz ist unser Ergänzungsurlaub, um nicht schon wieder auch den Rückweg vor Augen zu haben und das Wettergeschehen mit Blick eben darauf zu beobachten. Und da kommt der bereits bei Abfahrt erkannte Wetterwechsel in der Nacht von Montag auf Dienstag.
Am Nachmittag trifft dann tatsächlich die Barbie XL ein. Wir haben uns lange nicht gesehen und es gibt viel auszutauschen. Die Crew verkauft das aktuelle Boot, um sich neu zu orientieren. Der Skipper gerät ins Grübeln.
Wir grillen gemeinsam und es fallen uns ein paar Craft-Biere und ein bisschen Rotwein zum Opfer. Ein netter Abend.
17.8.2020 - Tag 3
Um die Vitalsysteme anzukurbeln, springt die Santanita-Besatzung gleich am Morgen in die Ostsee. Das funktioniert.
Nachdem die Freunde den Nachbarliegeplatz verlassen haben, nehmen wir ein ausgiebiges Frühstück und der Skipper legt noch eine Mütze Schlaf nach.
Die Gedanken drehen sich schon wieder um die Heimfahrt - heute Starkwind, morgen Flaute und Regen. Wir wählen den Regen, alleine schon, um den heutigen Tag noch in Dänemark bleiben zu können.
Der Wind dreht tüchtig auf und wir sind froh, den Hafen nicht verlassen zu haben. Die Temperaturen bleiben hoch, so dass unser Fußmarsch zum Höker zu einer schweißtreibenden Angelegenheit wird. Abseits des Hafens und der Wasserlinie flimmert der Asphalt. Also springen wir direkt nach unserem Einkauf wieder in die See, ja, auch die Bordfrau springt, während sie ansonsten den qualvollen Weg der kleinen Schritte wählt.
18.8.2020 - Tag 4
Heute ist Abreisepflicht. In der zweiten Nachthälfte hat es tüchtig geregnet. Widerwillig werfen wir die Leinen los. Und dann ereilt uns das Glück der Mutigen: Die angekündigte Flaute bleibt aus und wir können toll segeln. Besser noch: Die Ausläufer der Regenfront, die in der Vorhersage von gestern noch ganztägig abregnen sollen, gehen größtenteils hinter uns herunter. Vor uns liegt meist blauer Himmel, mal mit einer grauen Wolke, aber tatsächlich sollen wir bis zum Heimathafen trocken bleiben - großartig. Der Wind dreht munter hin und her, so dass das Segeln nicht langweilig wird. Später haben wir einen stabilen Halbwindkurs, der es möglich macht, den Autopiloten zu benutzen und am Ende eines langen Tages auf dem Wasser klatschen wir ab mit "Alles richtig gemacht!". Damit meinen wir nicht nur die letzte Tagestour, sondern den ganzen Ergänzungsurlaub Nr. 3.
Was diese Saison wohl noch hergibt...??
fin.